Reisebericht Nr. 34

24.- 29. August 2010

Bem vindo oder Maris Motorschaden hat auch gute Konsequenzen

 

Ja ihr habt richtig gelesen, wir sind in Brasilien und ja, wir haben einen Motorschaden. Mari hat in 300 Kilometer über vier Liter Öl verloren. Das hatte zur Folge, dass wir abends um Sechs, zwei Stunden auf den Abschleppdienst warten mussten. Doch dies ist alles nur halb so schlimm, denn ohne das ganze Theater, hätten wir die verrückten Brasilianer nie so nah kennen gelernt. Doch nun erzähle ich euch die ganze Geschichte von Beginn an.

Während mein Herz immer mehr freudige Hüpfer machte während wir der Brasilianischen Grenze zusteuerten, versuchte mich Steph etwas auf den Boden zurück zu holen. Denn bei jeder neuen grün gelben Flagge, grinste ich erneut und sang ganz laut… wir fahren nach Brasilien, wir fahren nach Brasilien.

Genau, ich freu mich nämlich riesig und hätte es noch vor ein paar Jahren nie für möglich gehalten, jemals hierher kommen zu können. Nun bin ich da, freu mich riesig und in den paar Tagen hier, haben wir so viel Action gehabt wie schon lange nicht mehr. Unser Hänger den wir schon seit ein paar Wochen hinter uns her ziehen ist verflogen und ich bin mir reuhig, nicht mehr Geld gespart zu haben um noch etwas bleiben zu können. J

Es fing bereits beim Grenzübergang in Ciudad del Este an. Aus Erzählungen wussten wir, dass bei der Brücke die Paraguay mit Brasilien verbindet, ein reges Treiben herrscht. Brasilianer strömen in Massen über die Brücke um in Paraguay günstig einzukaufen. Insofern sie keinem Betrüger in die Falle gehen. Während wir in der Schlange warteten, bot man uns von leuchtenden Kondomen, Viagra, zu einer Linie Kokain über blinkende Feueranzünder und gebrannte DVD’s alles an. Dankend immer schön freundlich mit geschlossenen Fenstern abgelehnt, brachten wir auch die Jungs nicht los, die uns während wir warteten Mari fast auf Hochglanz polierten. Ich hab ihnen schliesslich sachlich erklärt, dass wir dieses Autowaschangebot von Anfang an abgelehnt hätten. Nach dem Sie uns anschliessend eine Stunde in der Warteschlange verfolgt haben, stellte ich sie mit Süssigkeiten zufrieden, weil wir befürchteten, sie könnten sonst Mari zerkratzen. Die Zollformalitäten gingen dann ziemlich rasch voran, so dass wir in ca. zwei Stunden diese unüberschauliche und hektische Grenze hinter uns gebracht hatten. Unser erster Übernachtungsstopp hiess Foz de Iguazu und liegt unmittelbar nach der Grenze. Auf dem Camping International genossen wir wieder einmal ein paar bequeme Tage mit warmer Dusche und Internetzugang. Denn langsam müssen wir uns ja wieder etwas zivilisieren und uns um Stellen und Wohnung bemühen. Und dies sieht relativ viel versprechend aus, so dass wir Zack Bumm wieder am normalen Leben teilnehmen. Müssen.

Auch wurden wir von unserem Camping-Nachbar auf ein Churrassco eingeladen, viel Fleisch auf dem Grill, lecker mariniert und nach dem Grillen mit Limone beträufelt und in so was wie Cornflakes-Panade reingetünkelt. Luis heisst der gute Mann und ist mit seinem Vater von weit angereist um dessen 80gisten Geburtstagswunsch, einen Rundflug über die Iguazufälle, zu erfüllen. Lustigerweise verstanden wir so gut wie kein Wort portugiesisch, doch das schien Luis überhaupt nicht zu stören, er quatschte ununterbrochen. Wir assen und tranken viel, mussten den einen und den anderen Selbstgebrannten probieren und lachten viel über die sprachlichen Missverständnisse. Und wehe es behaupte nochmals jemand, spanisch und portugiesisch seien fast gleich…

Nach diesen gechillten Tagen auf dem Camping, machen wir uns auf in Richtung Küste. Schliesslich ist doch bald der erste September. Und wer unsere Berichte regelmässig verfolgt, weiss was das heisst. Doch schon nach ein paar Stunden wieder on the road, meckerte Mari und wir zogen eine riesige Öllache hinter uns her. An einer Tankstelle machten wir Halt und stellten fest, dass Mari so gut wie kein Öl mehr in sich hat, und wir so nicht weiterfahren können. Aufgefülltes Öl entwich dann auch ziemlich schnell wieder. Die Angestellten der Tankstelle bestellten uns einen Abschleppdienst, der dann nach zwei Stunden auch kam und uns mit in die nächste Stadt nahm. Der durchgeknallte Chauffeur ist multitasking fähig und ist stolz, dass er vieles gleichzeitig kann. Er kann nämlich mit einem Telefon telefonieren, mit dem Zweiten SMS schreiben, gleichzeitig den Frauen auf der Strasse nachpfeiffen, am Radio rumfummeln, essen, trinken, singen und auf die schlecht beleuchtete Strasse schauen. Ich sag ihm schliesslich er sei definitiv loco und er nimmt es freudig an uns sagt jaaa ein bisschen loco, dass ist gut.

Am nächsten Tag finden wir beim dritten Anlauf eine Motorinstandstellungswerkstatt. Die Familie Maffessoni hat hier in Francisco Beltrao eine riesige Werkstatt die ausschliesslich Motoren flickt. Minero, der junge Mechaniker hier, erfreut sich ab dem wassergekühlten Motor und schnell ist fast die gesamte Sippe der 35 Werkstattmitarbeiter um den Motor versammelt. Kein Problem, dass kriegen wir hin, doch nun ist Samstagmittag und Feierabend. Tja darauf haben wir uns eingestellt und richten uns vorerst mal in der Garage ein. Während ich im Büro der Werkstatt wie selbstverständlich kurz ins Internet durfte, unterhielt ich mich mit der Sekretärin und der Frau des Werkstattbesitzers. Wir drei lachten so viel und so laut, dass die Männer nur noch die Augen verdrehten. Wie selbstverständlich waren wir Gast bei der jungen Besitzerfamilie und durften am Samstag beim Churrassco Betriebsmittagessen teilnehmen. Dass das Bier am 11.00 Uhr unser Frühstück war, erwähnten wir dabei nicht gross. Auf dem Vorplatz der Werkstatt wurden über 6 Kilo Fleisch auf den Grill geschmissen und es wurde gegessen und getrunken. So gings den ganzen Nachmittag weiter, während ich mit Adi, die „Frau Werkstatt“, im Auto verladen wurde um auf Shoppingtour zu gehen. Anscheinend ist dass hier so, die Männer stehen Samstag um den Grill und die Frauen gehen wie selbstverständlich shoppen. Somit meine Gelegenheit mir eine neue Jeans zuzulegen. Bereits spät nachmittags, ging das Fest weiter und wir machten uns auf, auf eine Wiese wo es angesagt ist, seine Autoreifen mit Schleudern und Durchdrehen lassen abzufahren. Dabei ist es cool, soviel Rauch wie möglich zu erzeugen. Dass Steph als Beifahrer einsteigen musste, erfreute mich in dem Moment nicht sonderlich. Dabei standen Pickups welche überdimensional grosse Boxen geladen haben auf dem Feld und dreschten Musik aus vollem Rohr. Dies ist hier normal, war die Antwort auf unsere erstaunten Gesichter. Zurück bei der Werkstatt versammelte sich die Runde erneut und bei Pizza und Musik wurde gesungen, getanzt und gelacht bis spät in die Nacht hinein. Kurz wurde auch extra für uns noch ein Musiker bestellt, welcher mit dem Akkordeon brasilianische Folklore Musik spielte. Der Sonntag stellten wir uns etwas ruhiger vor und dachten Steph und ich gehen gemütlich ein bisschen spazieren. Doch wir durften nicht die Familienzusammenkunft verpassen welche jeden Sonntag stattfindet. Die Familie wusste bereits, dass zwei Schweizer zu Besuch sind und waren neugierig auf die zwei Vagabunden wie man uns hier nennt. Doch wir überraschten alle damit, dass wir frisch geduscht in unserem schönsten Sonntagsoutfit auftauchten und alle uns neugierig und herzlich in den Familineclan mit aufnahmen. Ein Schnäpschen für die Herren, ein Schoko-Schnäpschen für die Damen versprach einen guten Start in den Tag, Steph zauberte kurzerhand Rösti und Geschnetzeltes während pararell zusätzlich das obligatorische Sonntagschurrassco ob war. Interessanterweise waren Männer und Frauen getrennt und auch gegessen wurde separat. So konnten die Männer gemütlich Formel 1 zum Essen schauen, während die Frauen über neuste Modetrends und ihre Männer lästerten. Später kümmerten sich die Frauen um die Küche, während die Männer sich ein Nickerchen im Wohnzimmer gönnten. Wahrscheinlich auch dazu da, den seit Samstag anhaltenden Alkoholspiegel zu senken. Alles in allem ein tolles, lustiges und erlebnisreiches Wochenende. Viele neugierige aber nicht aufdringliche Fragen haben wir beantwortet, Mari wurde intensivst unter die Lupe genommen und alle wollten eine E-Mailadresse oder eine Telefonnummer von den Suizos als Andenken. Jeannine

 

30. August- 2. September 2010

Motorinstandstellung oder Geburtstag ganz anders

 

Montagmorgen um 07.30 Uhr sollte es also nun losgehen mit der Motorinstandstellung. Ich als Lehrling und Minero als leitender Mechaniker. Der Motor wurde ausgebaut und in seine Einzelteile zerlegt. Schon beeindruckend aus wie vielen Teilen so ein wassergekühlter Motor besteht. Jeder einzelne Mitarbeiter der Firma Maffessoni hat den Motor bestimmt 2-3 Mal genau unter die Lupe genommen. Auf meine Frage hin, was denn so speziell sei an dem Motor kam immer wieder die Antwort „Ein wassergekühlter Kombi- Motor gibt es hier in Brasilien nicht und wird es wahrscheinlich für uns bis ans Lebensende auch nie mehr zu sehen geben“. Einige kamen sogar mit Film- und Fotokamera um das seltene Stück festzuhalten. Die einzelnen Teile wurden gewaschen, geschliffen, Sandgestrahlt (was hier mit Glasstaub gemacht wird) oder neu gedreht. Den ganzen Montag verbrachten wir damit. Am Dienstag ging es weiter und am Nachmittag machten wir uns daran die Kolben mit den eingepassten Dichtringen zu montieren. Dabei passierte es. Ein Ölabstreifring hielt dem Schraubenzieher nicht Stand und brach entzwei. Ersatz war leider keiner da und musste bestellt werden. Dieser kam aber von etwas weiter her und konnte erst Mittwochmorgen geliefert werden. Nun ja, dann bleiben wir halt noch einen Tag. Da wir ohne den Ölabstreifring nicht weiter zusammenbauen konnten, mussten wir für heute aufhören. Am Mittwoch hat sich die Nachricht, dass ich Geburtstag hab in der Garage schnell rumgesprochen und so kam dann ein Angestellter nach dem anderen um mir zu gratulieren. Auch erhielt während des ganzen Tages ich aus der Schweiz ganz viele SMS mit Glückwünschen zum Geburi. VIELEN DANK allen dafür! Der Ölabstreifring wurde tatsächlich morgens geliefert und so konnten wir weiter machen. Die Montage ging recht zügig voran, sodass wir kurz vor dem Mittag soweit waren den Motor wieder einzubauen. Am Nachmittag war dann der grosse Augenblick da. Nein nicht mein Geburigeschenk, sondern der Einbau des frisch revidierten Motors. Der Einbau ging ruck- zuck und dann die Zündung drehen und dem tollen Geräusch zu lauschen war eine echte Freude! Nach einer Probefahrt wurden noch ein paar kleine Einstellungen an den Zylindern und am Vergaser getätigt und dann schnurrte der Motor wie in seinen ersten Stunden! Am Abend luden wir die Familie und ein paar der Mechaniker zum Geburi- Churrassco ein. Es war ein toller Abend und ich bekam sogar ein paar Geschenke und einen Geburikuchen mit Kerzen! Die Verständigung in diesen fünf Tagen war manchmal etwas schwer, aber irgendwie haben wir uns immer verstanden. Portugiesisch ist halt nicht ganz einfach. Schon komisch, dass Brasilien das einzige Land auf diesem Kontinent ist, dass nicht spanisch spricht. Die meisten Leute hier sprechen auch als zweite Sprache kein Spanisch. Fast ein bisschen wie unsere Romands!

Am Donnerstagmorgen hiess es dann für uns packen und Abschied nehmen. Eine Erlebnis- und Erfahrungsreiche Woche nahm sein Ende. Schon wieder Abschied nehmen von einer tollen Familie und neu gewonnenen Freunden. Nun geht unser Weg weiter Richtung Küste. Wir schafften es an diesem Donnerstag nicht ganz bis an die Küste und so schlugen wir unser Nachtlager an einer der vielen Tankstellen auf. Die „Posto’s“ (so heissen die Tankstellen in Brasilien) haben alle Toiletten und Duschen. Eine wahre Freude. Und so ging ein weiterer Fahrtag ganz ruhig zu Ende. Das Beste ist, dass wir einen tollen Motor haben und fast kein Öl mehr verbrauchen. Im Gegensatz zu den letzten 2 Monaten. Mari hat für die heutigen 500 Kilometer fast kein Öl verbraucht…..

Steph

 

3.- 9. September 2010

Wale beobachten oder entlang tollen brasilianischen Stränden entlang flanieren

 

Die Serpetinestrasse die uns Aires empfohlen hatte war toll zu fahren, nur leider liess die Aussicht zu wünschen übrig. Von einem Aussichtspunkt blickten wir in ein Tal voller Nebel welcher uns die Schönheit dieses Ausblicks nur erahnen liess und wir begnügten uns mit einem Seitenblick auf eine Postkarte, wies hätte sein sollen. Also machten wir uns auf den Weg an die Küste Florianapolis und wollen uns ein paar relaxte Tage auf der Ihla de Santa Catarina gönnen. Aber bis dahin erfreute uns die südliche Landschaft Brasiliens mit vielen bunten Häusern und wer eine Lieblingsfarbe hat findet sie bestimmt unter einem dieser Häuser. Wenn nicht, dann aber garantiert unter den Hundehütten, welche jeweils passend auf die Hausfarbe abgestimmt sind. Ein Gemisch zwischen Cowboystimmung und Karibik wechselte sich auf der Strecke ab. So erreichten wir schliesslich eine tolle Skyline von Florianapolis. Diese Stadt ist das Tor auf die Ihla und wir steuerten erstmals den Norden dieser Insel an. Dieser Teil ist touristisch gut erschlossen, so dass wir auch noch ein paar pendente E-Mails abschicken können. Denn kurzfristig hat sich ergeben, dass Mari nun doch einen Containerpartner gefunden hat, so können wir zu unserer Freude unsere Reise auch noch etwas hinaus zögern. Doch zuerst muss das ganze Prozedere gefixt werden, dies bedeutet auch immer alle paar Tage mal ins Netz zu kommen. Auch wollen wir nachschauen, wo unsere Italiener- Freunde mit ihrem Bruno stecken, welche etwas weiter nördlich als wir, an die Küste stechen wollen. Wir liessen uns auf dem einzig geöffneten Camping nieder und warteten da auf die Bruno- Crew welche ihren Besuch in ein paar Tagen ankündigten. Der Norden der Insel ist nicht überaus spektakulär, viele Apartments welche man mieten kann, aber einen schönen 14 Kilometer langen Sandstrand wo sich Surfer und Pinguine in den Wellen erblicken lassen. Gemeinsam mit der Bruno- Crew feierten wir in einem Strandrestaurant, bei Bier, Shrimps und Fischknusperli, Stephs Geburtstag nach, welcher mit etwas Verspätung, dafür doch noch an einem hübschen Plätzchen stattfand. Überrascht von den knappen Bikinis und Shorts, liess das Getümmel am Strand für beide Geschlechter etwas zum bestaunen übrig. Nachdem die Diskussion ob Rio oder nicht, noch kein Ende gefunden hat bei beiden Reise- Teams, fuhren wir erstmals ein paar Tage in den Süden von der Ihla. An einer schönen Bucht liess sich zu unserer Freude eine Wal- Familie beobachten, was unseren Aufenthalt da schnell auf vier Tage verlängerte. Während Silvia und ich die Männer immer noch für Rio zu überzeugen versuchten, entschieden wir uns für einen Frauentrip und bei der nächsten Internetverbindung, die Kosten für einen Inlandflug Florianapolis- Rio de Janeiro abzuchecken. Weiter gings an den südwestlichen Teil der Ihla, welcher noch relativ ursprünglich ist und durchzogen von Austernfarmen und hübschen stilvollen Häusern und einem Fischrestaurant nach dem anderen. Bei Wifi und reichlich Weisswein, mussten wir schliesslich die von den Italienern bestellten Austern probieren, welche Steph und mich gleichermassen nicht überzeugen konnten. Auch kein Erfolg war das Abklären der Flugkosten, denn ein Flug hin und zurück kostet mal knappe 400 Franken pro Person. Also diskutieren wir beide fleissig weiter, obwohl wir bereits südlich fahren und uns immer mehr von Rio entfernen. Doch für mich ist bereits jetzt klar, irgendwann nach Brasilien zurückzukehren. Denn Land und Leute haben mich bereits überzeugt und ich muss unbedingt mal noch Manaus und an die typisch brasilianische Küste im Norden. Denn so toll der Süden hier auch ist, ist er doch auch schon sehr geprägt von den deutschen und italienischen Auswandern. Nicht selten trifft man auf strohblonde, hellhäutige Menschen welche europäische Vorfahren haben. Nicht gerade das typische Bild eines Brasilianers.